Sonntagsrunde zum Sinn des Nähbloggens – Lena vom Blog fantantisch erzählt





Auf die heutige Sonntagsrunde war ich ganz besonders gespannt. Lena von fantantisch ist eine der wenigen Blogger, die sich auch beruflich mit 40 und mehr Stunden verwirklicht und trotzdem die Zeit findet, zu nähen UND zu bloggen. Da war ich natürlich ganz besonders neugierig, wie sie das so macht.


Liebe, Lena, ich danke Dir für Deine Zeit und die ausführlichen Antworten. Vieles deckt sich mit meinen Ansichten. Vor allem die Aussage „Für mich zählt das wahre Leben undendlich mal mehr.“ entspricht genau meiner Vorstellung.


Sei herzlich gegrüßt, ich freue mich schon auf das nächste Nähcamp, auf dem wir uns unbedingt nochmal ein bisschen länger unterhalten sollten.


1. Erzähl ein bisschen von Dir.
Wer bist Du? Wie lebst Du? Was machst Du beruflich und wie viele Stunden arbeitest Du in der Woche? Welche anderen Hobbys hast Du neben Bloggen und Nähen? 

Ich heiße Lena, bin frische 30, seit sechs Jahren mit dem besten Mann der Welt verheiratet und seit vier Jahren Mama vom Mops. Wir leben in einer Kleinstadt am Rande des Ruhrgebiets in einer gemütlichen Altbauwohnung ganz nah am Wasser. Mein Mann und ich sind beide Ingenieure und arbeiten in Vollzeit, was einen turbulenten Familienalltag bedeutet. Zum Glück haben wir tolle Omas, Uromas, Großtanten, Familien, die uns bei allem großartig unterstüzen! Zeit für Hobbys bleibt trotzdem wenig. Neben dem Nähen und Bloggen mag ich die Fotografie oder Joggingrunden am Fluß. Wenn ich irgendwann meinen Antrag auf drei bis fünf Extrastunden am Tag durchbekomme, würde ich auch gerne wieder mehr Klavier spielen, Singen und Tanzen.

2. Wie bist Du zum Nähen und zum Bloggen gekommen? Was ist es, das das Nähen / das Bloggen zu etwas besonderem für Dich macht? 

Meine Mutter hat für uns Kinder viel genäht. Selbst saß ich dann mit vier das erste Mal an der Nähmaschine, um einen einfachen Rock für ein Ballettkostüm zu nähen. Seitdem sind immer wieder mal einzelne Projekte entstanden, unter anderem mein Abiballkleid und meine Brautkleider. Intensiv angefangen zu nähen habe ich, als der Mops eineinhalb war und mit seinen Proportionen nicht in Kaufkleidung passen wollte. Seither sitze ich nahezu jeden Tag an der Nähmaschine.
Das Nähen ist für mich etwas besonderes, weil ich am Ende des Tages etwas in der Hand halte, das ich selbst erschaffen habe, das es so nur einmal auf der Welt gibt und das meine Bedürfnisse zu 100% erfüllt. Außerdem weiß ich, wer unsere Kleidung aus welchen Rohstoffen hergestellt hat, was mir für meine Familie und mich ein gutes Gefühl gibt.

Meinen Blog hat mein Mann mir vor zwei Jahren zum Geburtstag geschenkt, weil ich schon länger gerne in anderen Nähblogs gelesen hatte und ich diese Welt unheimlich spannend und inspirierend fand. Bis ich meinen ersten Beitrag verfasste, verging allerdings noch ein halbes Jahr. Als ich dann für Monika von schneidernmeistern einen Schnitt testen durfte, war das der Motivationsschub, endlich mit dem Bloggen zu starten.
Durch meinen Blog habe ich in den vergangenen eineinhalb Jahren viele tolle Frauen kennen gelernt, von denen ich auch einige schon im echten Leben treffen durfte und mit denen ich voll auf einer Wellenlänge bin. Da mein Job eine wahre Männerdomäne ist, hätte ich sonst nie so viele Gleichgesinnte kennen gelernt, mit denen ich stundenlang über Schnitte und Stoffe fachsimpeln kann. Das finde ich großartig!

3. Was bedeutet das Bloggen für Dich? Warum nimmst Du Dir Zeit Blogposts zu verfassen? 

Möchtest Du etwas mit Deinem Blog erreichen oder ist es eher ein „einfaches“ Nähtagebuch ohne Ziel?

Ich liebe ich es, auf Blogs zu stöbern, zu sehen, wie verschiedene Schnitte umgesetzt wurden, welche Probleme es bei der Umsetzung gab, wie die Passform ist, um mich davon inspirieren zu lassen und von der Erfahrung anderer zu profitieren. Davon möchte ich mit meinem Blog etwas zurückgeben. Mir ging es von Anfang an nicht um irgendwie gearteten Erfolg. Mir geht es um Kontakte, ein Netzwerk von Gleichgesinnten und um die gegenseitige Inspiration. Dabei ist es für mich auch zweitrangig, dass tatsächlich jedes Teil, was ich nähe, auf dem Blog landet. Für mich muss jeder Beitrag einen Mehrwert liefern, das wäre beispielsweise beim vierten Tshirt nach dem gleichen Schnitt für den Mops nicht der Fall.

4. Wann findest Du Zeit zum Nähen und wann zum Bloggen? Hast Du manchmal das Gefühl, das Bloggen stiehlt dem Nähen die Zeit? Oder fügt sich das für Dich perfekt? 

Dadurch dass ich so viel arbeite, versuche ich meine gesamte Freizeit mit meinem Sohn intensiv zu nutzen. Daher würde ich mich nie am Wochenende an die Nähmaschine setzen. Ich nähe ausschließlich, wenn er im Bett ist und der Haushalt erledigt. Und das ist derzeit meist reichlich spät. Klar überlege ich mir zweimal, ob ich die fünf bis zehn Stunden, die ich in der Woche maximal an Freizeit für mich habe, lieber mit Nähen als mit Bloggen verbringe. Denn ein Blogpost braucht viel Zeit, jedenfalls wenn man wie ich Wert auf gute Fotos, Bildbearbeitung und informativen Inhalt legt. Aber wenn ich etwas mitzuteilen habe, das anderen weiterhilft und ich nettes und kosntruktives Feedback erhalte, motiviert mich das, mir die Zeit zu nehmen.

5. Was nähst Du alle selbst? Bist Du eher ein „Seflish Sewer“ oder nähst Du doch mehr für andere als für Dich? 

Ich bin ein ausgesprochener Kleidungsnäher. Taschen oder Wohnaccessoires mag ich hingegen gar nicht. Aus diesem Grund beläuft sich die Zahl der Vorhänge in unserer Wohnung auch nach zwei Jahren noch auf ein Minimum.
Seit knapp drei Jahren nähe und stricke ich fast die gesamte Kleidung meines Sohnes selbst. Shirts, Hosen, Pullover, Jacken, Puschen. Einzig Regenbekleidung, Unterwäsche, Socken und Schlafanzüge werden teilweise gekauft, dann aber zumindest wenn irgend möglich in Bio- und Fairtrade-Qualität. Wenn noch Zeit bleibt, nähe ich für mich. Seit unserem Capsule Wardrobe Projekt weiß ich, mit wie wenig Kleidung ich tatsächlich auskomme. Deshalb nähe ich ausschließlich nach Bedarf und alle Projekte werden ausgiebig durchdacht und sehr planvoll angegegangen . Ansonsten bekommt mein Mann zum Geburtstag und zu Weihnachten immer etwas selbstgenähtes, ebenso das Patenmädchen und hin und wieder auch die restliche Familie oder gute Freunde, die Nachwuchs bekommen haben. Generell bin ich wohl jemand, der lieber anderen eine Freude macht als sich selbst.

6. Welchen Stellenwert hat das Nähen / das Bloggen in Deinem Leben? 

Das Nähen oder zumindest das kreative Handarbeiten wird immer ein essentieller Teil meines Lebens sein. Ich brauche als Ausgleich zu meinem theoretischen, handfesten Job das Kreative und Schöne. Und es macht mich zutiefst zufrieden, meiner Hände Arbeit zu sehen.

Der Blog hingegen ist für mich allenfalls nice to have. Es ist mir nicht wichtig, jede Woche einen neuen Beitrag zu posten. Ich lese weder meine Statistiken noch verfolge ich irgendwelche Strategien. Wenn ich schöne Fotos von einem Teil habe und ein bisschen Zeit, blogge ich. Wenn eine Blogaktion mich animiert, ein langgeplantes Projekt endlich in die Tat umzusetzen ist das prima. Wenn nicht dann eben nicht. Das ist völlig ok so. Für mich zählt das wahre Leben undendlich mal mehr.

7. Was würdest Du jemandem mitgeben, der gerade, so wie ich, darüber nachdenkt, ob das (Näh-) Bloggen Sinn macht? 

Warum muss denn alles einen Sinn ergeben? Wenn du Lust hast zu bloggen, wenn du etwas zu sagen oder zu zeigen hast, dann schreib einen Post. Wenn nicht dann bleibt der Blog eben einige Wochen oder Monate liegen. Was verändert sich dadurch? Wer dir folgt, wird dich nicht aus seiner Liste schmeißen, weil es seit einigen Wochen nichts Neues von dir gibt. Und wenn doch ändert das auch nichts. Aber andersrum wird jemand, der deinen Blog und deine Art zu schreiben schätzt, sich über jeden einzelnen Post freuen, egal wie lange der letzte Beitrag zurück liegt. Da spreche ich für mich und sicher auch für viele andere.

6 Kommentare

  1. Das sehe ich auch so
    Einfach mal liegen lassen
    So mache ich das auch
    Manchmal Monatelang nichts und dann 2 Posts in einer Woche
    Solange man nicht seinen Lebensunterhalt damit verdient ist das doch vollkommen schnuppe
    Und ganz ehrlich
    Wenn ich bei vielen Blogs immer wieder das gleiche sehe
    Die 25. Hose die 12. Mütze ödet mich das schon an
    Und die kommerziellen die sich immer nur melden wenn sie einen neuen Stoff ein neues Design veröffentlichen finde ich auch ziemlich langweilig
    Liebe Grüße
    Claudia von margareteshandmadebox

  2. Liebe Sindy, liebe Lena,
    danke für das interessante Interview, für die ganze Reihe überhaupt. Ich habe selbst keinen Blog, nähe aber schon länger meine gesamte Kleidung selbst. Sehr gerne schaue ich gerade in eure beiden Blogs und finde es sogar gut, dass nicht jede Woche ein oder gar mehrere neue Teile gezeigt werden. Wer kann denn soviel neue Kleidung sinnvoll nutzen? Vielen Dank für eure Zeit und Mühe mit euren Beiträgen. Viele Grüße von Kosima.

  3. Liebe Sindy, liebe Lena,
    ich kann mich Kosima nur anschließen! Auch ich habe keinen Blog und frage mich immer, wie ihr Blogger das neben Job und Familie schafft! Ich habe auch überlegt einen Blog zu machen, aber ich mag Fotos von mir überhaupt nicht… und dann die Zeit… aus diesen Gründen habe ich mich dagegen entschieden. Ich lese eure beiden Blogs total gerne, vorallem da sie keine Zeiträuber sind, sondern inspirieren und nachhaltig sind! Ich finde es so gut, dass nicht jede Woche ein oder mehrere Posts erscheinen. Bitte macht weiter so!
    Herzliche Grüße, Barbara

  4. Liebe Lena, deine Herangehensweise liest sich so stimmig und so passend auf dich in deinem Anspruch auf genähte Kleidung und deren Veröffentlichung, dass der letzte Teil im Interview wirklich entwaffnend und in sich logisch ist: Recht hast du 🙂 LG Miriam "Mecki macht"

  5. Liebe Lena, sehr, sehr sympathisch – aber das hatte ich nicht anders erwartet :-).
    Sehr interessant finde ich den Anspruch, dass ein Blogpost einen Mehrwert haben sollte. Ich stimme Dir da zu, wobei das dann wohl doch sehr subjektiv ist, ab wann man von Mehrwert sprechen kann… aber auf jeden Fall immer gut im Hinterkopf zu behalten und ein schöner Gedankenanstoß!
    LG an Euch beide,
    Steffi

  6. Liebe Lena, liebe Sindy
    Was für eine tolle Reihe! Ich bin ja auch erst seit kurzem mit einem Blog am Start, muss euch aber zustimmen: Spaß ist am Wichtigsten! Wen die Frequenz mehr interessiert als der Inhalt, der soll halt woanders schauen 😉
    Ich lese lieber Beiträge, die mit Witz und Charm verfasst sind und eine Persönlichkeit wiedespiegeln.
    Da ihr die beide habt und ich äußerst gern auf euren Seiten stöbere, hoffe ich natürlich sehr auf neue Inspirationen von euch 🙂
    Liebe Grüße
    Fina

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